Umgang mit Kritik

Finden Sie es nicht erstaunlich, wie viele Menschen keine Kritik zulassen? Wie ist das bei Ihnen? Bestimmt kennen auch Sie das Gefühl, wenn sich im Angesicht von Kritik augenblicklich unser innerer Verteidigungsmechanismus in Bereitschaft versetzt: Jede sachliche Betrachtungsweise ist im Nu ausser Gefecht und ein produktives Gespräch wird unmöglich. Wir reagieren auf Kritik oft so emotional wie auf eine Beleidigung oder so heftig wie auf einen Angriff und zeigen damit unsere Unsicherheit. Wer im Umgang mit Kritik gelassener und offener werden will, kann versuchen, den Ursachen der eigenen Unsicherheit auf die Spur zu kommen oder sie mit Methode austricksen, bis sie verschwindet.


Früher kannte man vor allem negative Kritik. Konstruktive Kritik ist eher ein moderner Begriff, der mit der Kommunikationslehre aufkam. Unser Umgang mit (negativer) Kritik hat viel mit unserer Erziehung und unserem kulturellen Umfeld zu tun. Da gibt es enorme Unterschiede. Was uns als Kinder und Jugendliche mitgegeben wurde, ist daher massgeblich für unsere spätere Selbstwahrnehmung. Waren wir immer nur die Besten und Schönsten, die nichts falsch machen konnten? Wurde mit uns ständig geschimpft und waren wir harten Strafen ausgesetzt? Kümmerte es überhaupt jemanden, wo wir uns aufhielten und was wir taten? Wer waren unsere Leitfiguren, an denen wir uns orientierten?


Gehen wir einmal davon aus, dass es nur konstruktive Kritik gibt. (Aus heutiger Sicht hat negative Kritik mit dem Botschaftsempfänger in der Regel nichts zu tun, sie qualifiziert nur den Gemütszustand des Senders. Wir können sie also getrost vergessen.) Konstruktive Kritik ist wohlwollend, wertschätzend, motivierend, zielführend und weiterbringend – im Grunde ein Geschenk des Lebens. Damit zeigt uns unser Mitmensch, welch hohen Stellenwert wir in seinen Augen haben.


In einer komplexen Welt, in der jede(r) von uns Teil verschiedener Systeme oder Netzwerke ist und darin nach Erfolg und Anerkennung strebt, gehört konstruktive Kritik als fester Bestandteil dazu. Sie ist ein Messinstrument für die eigene Optimierung und ein Kompass, der uns hilft, die Richtung zu halten oder zu korrigieren. Sie ist keine Attacke, also brauchen wir uns nicht zu verteidigen. Sie ist keine absolute Wahrheit und kann auch nicht widerlegt werden, denn wir können nicht beeinflussen, wie jemand anderes uns und unser Verhalten erlebt.


Konstruktive Kritik annehmen können und für die Selbstreflexion nutzen ist eine lernbare Kunst für sich. Wer konstruktive Kritik zulässt, beweist Grösse und Reife. Wer konstruktiv Kritik übt, beweist Führungsqualitäten, Souveränität und Empathie.


Hier eine Übung: Erklären Sie einem Menschen, den Sie respektieren und auf dessen Meinung Sie Wert legen, Ihr Vorhaben oder Anliegen. Bitten Sie aktiv um eine konstruktive Kritik. Seien Sie dabei offen und denken Sie, dass der andere Mensch Sie ernst nimmt und Ihnen nur Gutes wünscht. Wenn Sie etwas «Kritisches» hören, reagieren Sie nicht sofort mit Rechtfertigung und Ablehnung. Fragen Sie, was dazu geführt hat, dass dieser Mensch so empfindet. Fragen Sie sich, ob Sie künftig etwas ändern sollten - oder auch nicht. Danken Sie Ihrem Gegenüber am Schluss für die Offenheit und die wertvollen Impulse. Diese Erfahrung wird bei Ihnen beiden garantiert ein positives Gefühl hinterlassen.


Auf jedem Level hilft uns die konstruktive Kritik der anderen, zu wachsen, unser Verhalten anders zu betrachten und vielleicht unser Vorhaben zu optimieren. Üben wir Kritik mit Fingerspitzengefühl und so respektvoll, wie wir uns wünschen, von anderen Menschen Kritik zu empfangen.


Wie wir wissen, ist das konsequente Umsetzen von konstruktiver Kommunikation vor allem in Familien, Gruppen und Teams oft schwierig: Persönlichkeiten verschiedenen Alters und aus unterschiedlichen kulturellen Kreisen mit unterschiedlichem Erfahrungsschatz begegnen sich in einem Universum von Ansprüchen, Erwartungen, Zielsetzungen, Verpflichtungen, Konkurrenzkampf, Existenzsorgen und Anpassungen auf sich oft ändernde Begebenheiten. Dabei gilt es, auf Fairness, Diversität und Inklusion zu achten, jeder und jedem Raum für Weiterentwicklung zu bieten und jegliche Diskriminierung zu vermeiden.


Keine leichte Aufgabe, eher schwer zu stemmen ohne externe Hilfe! Dafür gibt es erprobte und wirksame Methoden, an denen jahrzehntelang geforscht wurde. Sollte Bedarf bestehen, bin ich gerne bereit, für Sie und Ihre Familie oder Ihr Team einen ausgewogenen und wertschätzenden Motivations-Workshop rund ums Thema «positive Kommunikation und konstruktive Kritik» oder «souveräne Kommunikation in multikulturellen Teams» zusammenstellen.


Ihre Tatjana Gaspar


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